Presse

Musikalische Andacht wird gern genutzt

25. Januar, 2022


Tobias Leschke greift alte Tradition auf

Von Hubert Schmalor
Iserlohn. Bisweilen wurde ja während der Pandemie auch einmal nach positiven Effekten der Corona- Einschränkungen gesucht, dabei stieß man unter anderem auf digitale Fortschritte im Schulbereich und die Ausdehnung des Homeoffices.
Eine Erscheinung dieser Zeit ist sicher auch das verstärkte Auftreten des Formats der „Musikalischen Andacht“. Der Not gehorchend, weil keine großangelegten Konzerte erlaubt waren, hat sich unter dem flexibleren Schirm gottesdienstähnlicher Veranstaltungen mit den „Musikalischen Andachten“ eine Möglichkeit entfaltet, zumindest in kleinen Besetzungen und unter deutlichem Einbezug von (Bibel-) Texten und unter Beachtung diverser Anlässe des Kirchenjahres auch konzertant aktiv zu bleiben. Dass dies durchaus Chancen bietet und man auch kreativ mit diesem „kleinen“ Format umgehen kann, hat Dekanats-kirchenmusiker TobiasLeschke in letzter Zeit des Öfteren
unter Beweis gestellt. „A ceremony of nine lessons and carols“ auf dem Programm. Nicht nur die Gemeindemitglieder, sondern auch externe Musikliebhaber nahmen diese Angebote in der Aloysiuskirche bisher dankend an. Mit dem Titel „A ceremony of nine lessons and carols“ griff Leschke am Sonntagabend die Tradition der anglikanischen Kirche auf, in der Weihnachtszeit einen Gottesdienst zu feiern, in dem neun biblische Lesungen im Mittel-punkt stehen und neun Lieder das Weihnachtsgeheimnis ausdeuten. In Anlehnung an die oft als Vorbild dienende Feier im King’s College in Cambridge begann das von Leschke kurzfristig statt des geplanten Projektchores zusammengestellte und geleitete Vokalquartett (Daria Burlak, Sopran, Eva Nesselrath, Alt, Leonardo Reso, Tenor, Hanno Kreft, Bass) mit dem traditionellen „Once in Royal David’s City“. Zwischen den dann vom starken Gesangs-quartett vorgetragenen weiteren acht englischen Weihnachtsliedern (Carols) hatten die Zuhörer die Gelegenheit, diese musikalischen Eindrücke mit den von Diakon Heinz-Rüdiger Lülff vorgetragenen biblischen wie auch literarischen Weihnachtstexten in Beziehung zu setzen. Begleitet wurde der, sicher aus abstimmungstechnischen Gründen von der Orgelempore aus agierende, Chor in dezenter Abstimmung und immer passender Registrierung auf der Orgel von Sebastian Freitag, ab März als Domorganist in Dresden tätig. Nach dem auch zur „Ceremony“
gehörenden „Vater unser“ und dem Segen setzte Freitag mit
der „Fanfare on Ps. 1“ des englischen Komponisten John Cook
einen feierlichen Schlusspunkt.


Der Wunsch nach Abstand ist derzeit groß

11. Januar, 2022

 

Beim Adventssingen in der Obersten Stadtkirche hatte die Evangelische Kantorei ihren bislang letzten Auftritt. Nun legt der Chor erst einmal eine Pause ein.

Beim Adventssingen in der Obersten Stadtkirche hatte die Evangelische Kantorei ihren bislang letzten Auftritt. Nun legt der Chor erst einmal eine Pause ein.

Foto: Michael May / IKZ

von Ralf Tiemann

Iserlohn.  Auch die großen Kirchenchöre legen angesichts der Omikron-Variante ein Pause ein

Theorie und Wirklichkeit können schon mal weit auseinandergehen – gerade in der Pandemie, wenn sich das Sicherheitsgefühl nicht mit den geltenden Bestimmungen deckt und eine Eigendynamik entwickelt. Vor allem in der Iserlohner Chorszene können davon viele ein Lied singen.

Proben sind derzeit grundsätzlich erlaubt, die Kontaktbeschränkungen auf lediglich zehn Personen gelten nur im privaten Rahmen. Chöre dürfen sich also treffen, insofern sie die 2G-Plus-Regel einhalten, wobei dies hier in NRW die Booster-Impfung ähnlich wie beim Hallensport nicht ersetzt. Wer also singen möchte, muss doppelt geimpft oder genesen sein und zusätzlich ein offizielles und aktuelles Schnelltest-Ergebnis mitbringen. Dann steht einer Probe nichts im Wege.

Soweit die Theorie, die Praxis sieht anders aus. Denn die allermeisten Chöre singen derzeit nicht. Sogar die beiden Iserlohner Kantoren Hanns-Peter Springer und Tobias Leschke – die in der Advents- und Weihnachtszeit noch frisch vorangeschritten sind, dabei deutlich weiter gegangen sind als die meisten anderen Chöre und vieles noch ermöglicht haben, was andernorts längst abgesagt worden war – legen nun mit ihren Kirchenchören erst einmal eine Pause ein. „Momentan ist das einfach nicht machbar“, sagt Tobias Leschke, der im Januar gerne wieder zu seinem großen nachweihnachtlichen Chorprojekt Projektchor „A ceremony of nine lessons and carols“ eingeladen hätte, das aber nun abgesagt hat. „Die Zahlen explodieren und die Absagen häufen sich“, sagt er. Viertelstündlich riefen die Leute an um sich abzumelden, von einstmals 60 angemeldeten Sängerinnen und Sängern waren gestern noch rund 30 übrig. „Es ist besser, momentan nichts zu machen“, sagt der katholische Kirchenmusiker und setzt vorerst auch die wöchentlichen Proben seiner festen Chöre aus.

Zwickmühle zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Im Gespräch bestätigt er den Eindruck, dass man sich als Chorleiter geradezu in einer Zwickmühle befinde. Natürlich will man so viel wie möglich realisieren und das Erlaubte ausreizen. Wer aber seine Proben und Projekte durchzieht, kann auch schnell Kopfschütteln ernten. Der Wunsch nach Abstand sei derzeit bei vielen größer als der Wunsch zu singen.

Das empfindet Hanns-Peter Springer ganz ähnlich, der vor Weihnachten konzertant mit der Evangelischen Kantorei oder in Form von Offenem Singen mit der Gemeinde noch sehr aktiv war, nun aber auch die Präsenzproben erst einmal aussetzt. „Omikron ist derart ansteckend und macht auch vor der Booster-Impfung nicht Halt“, sagt er. Und auch wenn die Verläufe größtenteils nur leicht seien, möchte er das Lutherhaus bei den Proben nicht zum Ansteckungsherd machen. Nach Weihnachten sei der Informationsfluss noch nicht wieder in Gang gekommen, mit vielen Kollegen habe er noch nicht sprechen können und auch von der Landeskirche gebe es noch keine Maßgabe. Für sich habe er aber entschieden, zunächst zu pausieren und abzuwarten. Auch das weitere Vorgehen in der Kinder- und Jugendkantorei sei noch unklar. An diesem Mittwoch sind die Kinderchöre als Sternsinger in der Innenstadt unterwegs, um in einem ganz neuen Format einen „Segen to go“ zu spenden. Wie es danach weitergeht, wird sich dann zeigen.

Gerade mit Blick auf die Kinder und Jugendlichen und dem hohen Wert für die Bildung hatte die Landeskirche die Kirchenmusiker vor Weihnachten noch sehr beflügelt und ermuntert, weiterzumachen. Und gerne blicken die Iserlohner Kirchenmusiker auf diese Zeit zurück. In der katholischen Aloysius-Kirche hatte es bekanntlich ein Konzert mit dem Kammerchor des Pastoralverbundes und einen Heilig-Abend-Festgottesdienst mit viel Chorgesang gegeben. „Das war wunderschön“, sagt Tobias Leschke. Unter den gegebenen Umständen habe man das beste herausgeholt. Und auch Hans-Peter Springer behält die Adventszeit mit vielen Auftritten und Aktionen in der zugigen Obersten Stadtkirche oder unter freiem Himmel in guter Erinnerung.

„Dass wir das hatten, war ein Lichtblick und offenes Portal, das nicht nur die Mängel, sondern die Möglichkeiten gezeigt hat“, sagt er. Und das auch für die Zukunft positiv stimme. Derzeit fühle man sich von Omikron zwar geradezu überrannt. Auf lange Sicht habe er aber große Hoffnungen, dass es wieder bergauf geht.


Vivaldis “Magnificat” als Höhepunkt

29. Dezember, 2021
In der St.-Aloysius-Kirche erlebten die Besucherinnen und Besucher ein besonderes Weihnachts-Fest-Konzert

In der St.-Aloysius-Kirche erlebten die Besucherinnen und Besucher ein besonderes Weihnachts-Fest-Konzert

Foto: Dennis Echtermann

Iserlohn.  In der Iserlohner Aloysiuskirche gab es ein besonderes Festkonzert.

Gerade am Fest des Friedens, an Weihnachten, sollten Unstimmigkeiten einmal beiseite gelegt werden. Und so ist es müßig, darüber zu streiten, ob man derzeit angesichts der pandemischen Entwicklung ein Weihnachtskonzert in „Präsenz“, also vor Ort, aufführen sollte, und dazu noch ein Konzert unter Beteiligung eines Chores. Lassen wir es also dabei: Die Verantwortlichen haben am 2. Weihnachtstag beim festlichen Konzert in der Aloysiuskirche alles getan, um mögliche Gefahren abzuwenden und dafür vielen Menschen ein Erlebnis für die Seele geboten. Konzentrieren wir uns auf die Musik.

Dekanatskirchenmusiker Tobias Leschke hatte mit seinem Kammerchor ein weihnachtliches Programm unter Mitwirkung des Ensembles „Ghiribizzo“ und eines Gesangsquartetts zusammengestellt, das immer wieder die Freude über die Geburt Jesu und die damit verbundene Hoffnung und Zuversicht für die Menschheit thematisierte. So dienten zwei eingestreute Weihnachtslieder des zeitgenössischen englischen Komponisten John Rutter als musikalisch gefühlvolle und weihnachtlich angemessen „wohlklingende“ Einstimmung durch das Gesangsquartett (Merle Bader, So­pran; Anna Kristina Naechster, Sopran/Alt; Leonhard Reso, Tenor; Rafael Bruck, Bass/Bariton), die geschlossen im Zusammenklang und stimmlich fein abgestimmt, überzeugen konnten.

 

Geschlossener Gesamtklang

Unter anderem mit den chorischen und solistischen Einwürfen „O freudenvolle Zeit“ und „… nun ist groß‘ Fried ohn‘ Unterlass, all Fehd‘ hat nun eine Ende“ bringt Georg Philipp Telemann in seiner Weihnachtskantate „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ nicht nur die Freude über Jesu Geburt, sondern auch die Zuversicht über eine Versöhnung mit Gott zum Ausdruck und rückt die Interpretation der Weihnachtsgeschichte als Heilsbotschaft ins Zentrum. Der Kammerchor des Pastoralverbundes führte mit einem geschlossenen Gesamtklang bei klarer Konturierung der Einzelstimmen die einrahmenden Choräle aus, während Bariton Rafael Bruck in dieser Kantate viel Raum gegeben wurde, in den Arien und Rezitativen seine trotz des verlangten großen Ambitus immer ausdrucksstarken und fundierten stimmlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Das Streichensemble „Ghiribizzo“ einschließlich des Orgelpositivs begleitete in ausgewogener akustischer Abstimmung äußerst zuverlässig und solide.

Das „Magnificat“, der „Lobgesang Marias“, ist als eines der drei Cantica des Lukas-Evangeliums nicht nur in der katholischen Liturgie fest verankert. Auch der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer bezeichnete es als das „leidenschaftlichste, wildeste, ja man möchte fast sagen revolutionärste Adventslied, das je gesungen worden ist“. Wegen seiner Bedeutung und intensiven Aussagekraft wurde das „Magnificat“ in der Musikgeschichte oft vertont. An diesem Abend erklang die Version des italienischen Barock-Komponisten Antonio Vivaldi – und diese geriet zum eindeutigen Höhepunkt des Konzerts. Entsprechend der textlichen Vorlage, die dankenswerterweise dem Publikum in einem Programmheft auch in deutscher Übersetzung zur Verfügung gestellt wurde, entwickelte Vivaldi ausgehend vom verhaltenen „Adagio“ des ersten Satzes in g-Moll über mehrere solistische Partien und den mit sehr unterschiedlichen musikalischen Mitteln gestalteten Chorsätzen eine Dramatik, die sich letztendlich im befreienden „Gloria Patri“ entlädt und versöhnlich im „Amen“ ausklingt. Der Chor hatte beachtliche Passagen mit imitierenden Einsätzen, chromatischen Linien, homophonen Strukturen, schnellen Läufen im Unisono bis hin zur Doppelfuge am Schluss zu meistern – und erledigte dies alles einwandfrei! Das abschließende, gemeinsam gesungene „O du fröhliche“ fasste die Emotionalität dieses besonderen Moments noch einmal zusammen und ging allen Beteiligten besonders unter die Haut.

 

Sozialer Kitt, der gerade jetztdringend benötigt wird

Musik hat unter anderem die Aufgabe, Menschen zusammenzuführen, zu trösten, aber auch Hoffnung zu verbreiten – Musik ist eben auch ein sozialer Kitt, der gerade in Krisenzeiten dringend benötigt wird und sowohl emotionale Bindungen zwischen den Menschen aufbaut als auch dem Individuum innere Kraft verleiht. All diese Aufgaben, und musikalisch natürlich noch viel mehr, hat dieses Weihnachtskonzert, trotz möglicher Bedenken und der aktuellen Diskussion bezüglich der pandemischen Gefahren, vortrefflich erfüllt.


Beflügelter Ausklang des Kirchenjahres in Iserlohn

24. November, 2021
 
Konzert Beflügelt, Pankratius-Forum

Foto: Ralf Tiemann / IKZ

Iserlohn.  Anna Dorothea Mutterer und Timo Böcking bieten im Pankratius-Forum eine wunderbare Stunde Musik.

Der Totensonntag bestimmt die Stimmung im protestantisch geprägten Deutschland – keine Frage. Die katholische Kirche begeht das Ende Kirchenjahres aber eigentlich ganz anders: Christ König heißt der Festsonntag, an dem die Katholiken die Herrschaft Christi über das gesamte Weltall feiern – also alles andere als ein Tag der Trauer.

Genau so gingen Anna Dorothea Mutterer und Timo Böcking auch ihr Programm „Beflügelt“ am Samstagabend im Pankratius Forum an der Aloysius-Kirche an: Locker, fröhlich und frei boten die beiden hinreißenden Musiker einen wirklich bunten Strauß an überaus geschmackvollen Liedbearbeitungen für Geige und Klavier, ein abwechslungsreicher Mix aus Kirchenmusik, Pop-Songs und Jazz, stilvoll und ungeheuer facettenreich arrangiert, streckenweise auch frei improvisiert. Da standen Lieder wie „Imagine“ oder „Summertime“ neben alten Chorälen von Paul Gerhardt und – passend zum Christkönigfest – Loblieder aus dem Gesangbuch auf dem Programm. Anna Dorothea Mutterer spielte als einer der Höhepunkte Bachs Solo-Chaconne allein auf der Violine, Böcking ließ seiner Fantasie über den „Corona-Hit“ „Der Mond ist aufgegangen“ freien Lauf und zusammen. Beide bestachen  durch perfektes Zusammenspiel und blindes Verständnis: eine wunderbare Stunde Musik, die wirklich beflügelte.

Apropos Corona – auch dazu passte der Titel. Denn, wie Timo Böcking sagte, seien Musiker gar nichts ohne ihr Publikum und ohne Veranstalter, die sie trotz der immer weiter unsicheren Pandemie-Situation einladen und weiter Konzerte planen. Tobias Leschke, Kantor an St. Alyosius, ist bekanntlich jemand, der das ganz besonders unermüdlich macht. Und dafür galt ihm am Samstag auch der Dank der beiden Musiker vorne auf der Bühne.

Das nächste Konzert folgt bereits am kommenden Wochenende: Am Samstag, 28. November, um 17 Uhr lädt der Organist Simon Daubhäußer zu einer musikalischen Andacht zum ersten Advent in die St.-Aloysius-Kirche ein.


Sanfter Ausklang für Reihe in Iserlohner Kirche

16. November, 2021

Iserlohn.  Für das „Amadeus Guitar Duo“ war es der erste Auftritte seit Oktober 2020

Auch wenn es bereits das fünfte Konzert in der Reihe nach dem Lockdown war, wie Kantor Tobias Leschke später erzählt – es fühlt sich immer noch merkwürdig an, wieder Live-Musik, wie am Sonntag in der St. Aloysius-Kirche, genießen zu können.

Das „Amadeus Guitar Duo“ bescherte den fast 70 Zuhörenden dabei mit der gewohnten Spielfreude einen sanften Ausklang aus der Reihe. Für Dale Kavanagh und Thomas Kirchhoff war es das erste gemeinsame Live-Konzert seit Oktober 2020. Und eigentlich eines, das einst für den Valentinstag angedacht gewesen war, wie Leschke bei der Einführung der Musiker erzählte. „Kontraste – Barock – 20. Jahrhundert“, so lautete der Titel des Konzerts des Duos. Auf dem Programm standen vier Stücke von Händel, Borodin, Jolivet/Bach sowie eine Eigenkomposition von Dale Kavanagh – allesamt mit der Liebe als Oberthema. Zwischendurch gab es Textauszüge aus dem „hohen Lied der Liebe“ aus dem Korinther-Brief.

 

„Wir versuchen, die Musik lebendig zu halten“, erklärte Leschke noch den Ursprung der Reihe. Der Lockdown sei auch für die Musik eine harte Zeit, die hoffentlich bald enden werde. Weiter gehen soll es musikalisch unter anderem im August. Im Rahmen der „Sommerklänge“ stehen dann fünf Konzerte an – so denn Corona es zulässt. Den Auftakt in St. Aloysius wollen am 3. August Leschke selbst und Sebastian Freitag vierhändig an der Orgel machen.


Gemeinsam die Iserlohner Kirche neu gestalten

13. November, 2021

Im Einführungsgottesdienst betonte der neue Pfarrer Dietmar Schulte, dass „Einheit in der Vielfalt“ kein Widerspruch ist.

„Es gibt ganz große Herausforderungen, denen ich mich aber nicht zuletzt im Vertrauen auf Gott gerne stelle und die wir alle nur gemeinsam bewältigen können.“ Mit diesen Worten lud Dietmar Schulte als neuer Pfarrer der Pan­kratius-Gemeinde und Leiter des Pastoralverbundes Iserlohn dazu ein, gemeinsam mit dem Pastoralteam „die Kirche von Iserlohn, von Sümmern, Hennen und Kalthof neu zu gestalten“.

In seiner Predigt in dem festlichen Gottesdienst, in dem der 44-Jährige am Sonntag in der St.-Aloysius-Kirche offiziell in seine Ämter eingeführt wurde, hatte Schulte zuvor auf die Unterschiede im Pastoralverbund hingewiesen: Hier die Pankratius-Gemeinde mit ihren sechs Kirchen (St. Aloysius, Heilig Geist, Hl. Dreifaltigkeit, St. Hedwig, St. Michael und St. Josef), in denen leider „vieles an Gemeindeleben nicht mehr funktioniere“ und zudem wie überall durch Corona vieles nicht mehr stattfinden durfte: „Wir wissen noch nicht, was wir davon jetzt wieder neu reaktivieren können.“ Dort die Pfarrei und Pfarrvikarie im Iserlohner Norden, Sümmern, Hennen und Kalthof „mit ihrer je eigenen Geschichte“. „Auf dem Dorf funktioniert noch so manches, was in der Anonymität der Stadt nicht mehr funktioniert.“ Als „stolzer Dörfler“, und da sprach der aus Neuenrade-Affeln Stammende aus eigener Erfahrung, versuche man auch, das „kirchliche Leben, so lange es noch geht, gut zu erhalten“.

In Gemeinden müsse über „Mittelwege“ geredet werden

An der Stelle kommt für Schulte der Gedanke von der Kirche als „Gemeinschaft der Einheit in der Vielfalt“. „Wir müssen nicht alles vereinheitlichen. Es darf Unterschiede geben.“ Gleichwohl müsse man sich aber auch fragen, wo es Sinn mache, dass Dinge gleich laufen. „Einheit in der Vielfalt muss sich nicht widersprechen. Beides kann sich ergänzen.“ Als Beispiel nannte Schulte die Erstkommunion- und Firmvorbereitung, wo es zwischen einem Konzept für alle und eigenen in den Gemeinden auch „Mittelwege“ geben könne. „Darüber muss man reden.“ Dabei müsse alles natürlich mit den zur Verfügung stehenden Kräften des Pastoralteams machbar sein. „Im Fokus müssen dabei immer die Kinder und Jugendlichen stehen, für die wir das ja alles tun, nicht unser eigener Kirchturm.“

In den 18 Jahren seit seiner Priesterweihe habe er miterleben müssen, wie sich die Kirche „massiv verändert“ habe. In seiner Kindheit und Jugend in den achtziger Jahren hatte jedes Dorf noch seinen eigenen Pastor. „Und selbst während meiner vier Jahre als Vikar in Letmathe hatten wir noch genügend Priester, und auch jede Gemeinde in Iserlohn seinen eigenen.“ Auch wenn Pastor Josef Slowik ab November mit einer halben Stelle dazu komme – die andere Hälfte ist für die Krankenhaus-Seelsorge vorgesehen –, so seien sie künftig insgesamt eben nur vier Pastöre für den gesamten Verbund mit seinen knapp 18.000 Gläubigen.

 

Angesichts der weiter abnehmenden Zahl an Priestern und Gemeindereferenten frage er sich selber immer wieder, wo das enden solle. Es helfe dabei nicht, „mit aller Kraft zu versuchen, das Alte, so gut es geht, noch zu bewahren. Wir müssen alle zusammen unsere Kirche neu denken.“ Angesichts auch immer weniger Finanzmittel werde man sich auch „schmerzliche Fragen“ stellen müssen: „Was können wir uns noch leisten? Was brauchen wir noch?“ Glaube und Religion würden eben bei den Menschen „mehr und mehr eine untergeordnete Rolle“ spielen. Angesichts der Zahl der Austritte müsse sich die Kirche natürlich auch selber fragen, was sie alles falsch gemacht habe. „Die ganzen Skandale der letzten Jahre zeigen natürlich: Da muss sich was tun.“

Das eigentliche Problem sei aber die Säkularisierung der Gesellschaft, die entsprechend auch die evangelische Kirche zu spüren bekomme. „Ich glaube, dass erst dann, wenn die Frage nach Gott und die Suche nach ihm wieder stärker wird, wir als Kirche wieder wachsen können.“ Vielleicht müsse sich die Kirche zuvor auch erst „gesundschrumpfen“. Schulte betonte auch die Bedeutung der Laien in der Kirche, die auch schon dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-65) bewusst gewesen sei, als es feststellte, „dass wir alle Kirche sind“.

Dechant Andreas Schulte freute sich indes, sich mit der Amtseinführung, also dem offiziellen Anvertrauen der Gemeinden und der Leitung des Pastoralverbundes im Namen von Erzbischof Hans-Josef Becker, für seine eigene Amtseinführung durch Pfarrer Schulte vor einigen Wochen „revanchieren“ zu können. Zumal sich die beiden schon lange kennen: So war der heutige Dechant früher Pfarrer in St. Lambertus, der Heimatgemeinde von Dietmar Schulte, und hat dessen Schritte zum Priester miterlebt. Nach seiner Zeit in Letma­the und weiteren drei Jahren als Vikar in Kirchhundem hatte Schulte dann in der Heimatstadt des Dechanten, in Neheim, sieben Jahre lang gewirkt und als Pastor dort auch die Fusion von fünf Kirchengemeinden begleitet. Für den gleichen Prozess war Dietmar Schulte dann in den vergangenen vier Jahren ja in Hemer sogar verantwortlich, wo bekanntlich zum 1. Mai aus ebenfalls fünf Gemeinden die St.-Vitus-Gemeinde entstand.

Dass Pfarrer Schulte in seiner Predigt einiges „sehr kritisch“ angemerkt und „die aktuelle Situation der Kirche ungeschminkt beschrieben“ habe, hob Vizebürgermeister Thorsten Schick in seinem Grußwort hervor. Der Christdemokrat zeigte sich ebenfalls davon überzeugt, dass „Kirche auch in Zukunft ein ganz wichtiger Faktor“ sein werde. Denn mit Blick auf „die so vielen Katastrophen“ in 2020 und ‘21 seien die Antworten, die Kirche und ihre Vertreter geben könnten, nach wie vor wichtig. „Deswegen ist mir auch auf lange Sicht nicht um die Institution bange.“

Pfarrer Schulte freute sich indes sehr über die gelungene musikalische Begleitung des Gottesdienstes durch den „Jungen Chor im Pastoralverbund“ unter Leitung von Tobias Leschke sowie ein fünfköpfiges Trompeten-Ensemble (Leitung: Stefan Beumers). Schulte bedauerte, dass die Kirche nicht ein wenig voller war: „Eine Einführung in dieser Corona-Zeit ist immer ein bisschen schwierig. Man weiß nicht genau, wie man es am besten macht. Wir hatten diverse Einladungen verschickt und gehofft, dass noch ein paar mehr kommen.“ Auch wenn die maximale Kapazität von 120 Besuchern nur zu zwei Dritteln genutzt worden war, war der Pfarrer froh, dass zumindest Vertreter jeder Gemeinde und verschiedener Einrichtungen gekommen waren. Und Schulte freute sich schon sehr darauf, in nächster Zeit viele weitere Menschen aus dem Pastoralverbund persönlich kennenzulernen.


Dreiklang der Kirchen in Harmonie

15. Juni, 2021

Führungen, einen Spaziergang und vor allem viel Musik bot am Sonntag der Westfälische Orgeltag, der in Iserlohn erstmals ökumenisch veranstaltet wurde

Besondere Kirche, besondere Führung: Hanns-Peter Springer erläutert dem zehnjährigen Pascal und seiner Mutter, die auf der Empore stehen, Besonderheiten der Reformierten Kirche.  Tim Gelewski

Tim Gelewski

Kantor Tobias Leschke griff diesmal in der Obersten Stadtkirche in die Tasten.  Privat

Iserlohn So klingt dann wohl Ökumene: Im Rahmen des Westfälischen Orgeltages stand am Sonntag vor allem in der Innenstadt alles im Zeichen dieses besonderen Musikinstruments. Die Evangelische Kirche von Westfalen hatte gemeinsam mit den drei katholischen Bistümern und zahlreichen Partnern zu rund 120 Veranstaltungen eingeladen. Trotz aller Einschränkungen durch das Coronavirus sollte der Tag so weit wie möglich in Präsenz stattfinden.

In Iserlohn standen am Sonntag Orgelführungen in der Reformierten Kirche und ein Orgelspaziergang mit Andachten und den Stationen St. Aloysius, Oberster Stadtkirche und Bauernkirche auf dem Programm. „Wir haben gemerkt, dass das ökumenische Format funktioniert“, erklärt später Dekanatskator Tobias Leschke, der im Rahmen der Ökumene nicht wie gewohnt in St. Aloysius, sondern in der Obersten Stadtkirche in die Tasten griff. Einzig die Uhrzeit 15.30 Uhr für den Auftakt habe sich als überdenkenswert erwiesen. Waren es an Station zwei in der Obersten Stadtkirche gut 45 Besucher und zum Abschluss in der Bauernkirche etwa 60, waren es in St. Aloysius noch einige weniger gewesen. „Die Planung steht im Grunde seit drei Jahren. Da wussten wir noch nichts von Corona oder dass die EM verschoben wird“, nennt er mögliche Gründe. Nichtsdestotrotz sagt er: „Die Grundidee hat funktioniert.“

Die drei Stationen des Spaziergangs zwischen den fußläufig nur wenige Minuten voneinander entfernten Kirchen hatten dabei jeweils einen eigenen musikalischen und textlichen Schwerpunkt. Schöpfung, die Orgel singt, Glocke – so lautete hier der thematische Dreiklang, an Station drei gestaltet von Ute Springer und an Station eins von ihrem Mann Hanns-Peter Springer.

Letztgenannter war es auch, der bereits am Mittag vor dem Auftakt der Spaziergänge Führungen (mit Anmeldung) in der Reformierten Kirche anbot. „Entweder fasziniert die Besucher die Technik, oder die Musik, oder beides“, ist er sicher.

Ähnlich sieht das wohl auch Julia Heller, die mit ihrem zehnjährigen Sohn Pascal gekommen ist. „Ich unterrichte musikalische Früherziehung, er ist sowieso zuhause immer von Musik umgeben“, begründet sie ihren Besuch. Wobei Pascal vor allem die Technik und die schiere Größe des Instruments zu begeistern scheine. „Um die 1000 Pfeifen hat die Orgel“, erklärt Springer, zudem auch einiges Überraschendes: „Die, die man vorne sieht, klingen überhaupt nicht.“ Die Erbauer des Instruments hatten offenkundig nicht nur den Klang im Ohr, sondern auch die Optik im Auge.

„Wir wollten zeigen, wie vielfältig die Orgel ist“

Ein Höhepunkt vor allem für Pascal ist dann Springers Erläuterung des Kalkanten-Begriffs. Bevor es nämlich Elektromotoren gab, mussten zumeist junge Männer die Luft mittels eines Blasebalgs in die Orgel befördern. „Bis zu 16 Personen waren für 50 Register nötig“, erklärt Springer. Und schaltet den Motor ab, damit Pascal und seine Mutter selbst Hand anlegen dürfen – allerdings nur für ein Register, sonst wäre das womöglich doch zu schwierig.

„Wir wollten einfach zeigen, wie vielfältig die Orgel ist. Musikalisch, architektonisch, handwerklich – ein musikalisches Kunstwerk“, erläutert Kantorin Ute Springer noch allgemein die Intention der Planungen des Orgeltages, der nach 2018 zum zweiten Mal und erstmals ökumenisch stattfand. Dies dürfte wohl gelungen sein.


Bahnbrechender Vorstoß aus der Musik in Iserlohn

6. Juni, 2021
 
Ute und Hanns-Peter Springer laden zusammen mit Tobias Leschke (re.) zum zweiten westfälischen Orgeltag ein – dieses Mal im ökumenischen Format.

Ute und Hanns-Peter Springer laden zusammen mit Tobias Leschke (re.) zum zweiten westfälischen Orgeltag ein – dieses Mal im ökumenischen Format.

Foto: Ralf Tiemann

Iserlohn.  Am 13. Juni laden die Kirchenmusiker beider Konfessionen zum ökumenischen Orgeltag Westfalen ein.

Offensichtlich ist unter Musikern einiges unkomplizierter als in anderen kirchlichen Bereichen. Denn wieder sind es die Musiker beider Konfessionen, die in der Ökumene voranschreiten. So wie die Kirchenmusiker in Iserlohn schon vor vielen Jahren mit ihrem gemeinsamen Jahresprogramm Maßstäbe für die Ökumene in der Stadt gesetzt hatten, wird Ute Springer nun auch auf landeskirchlicher Ebene ökumenische Vorreiterin. Dort hatte sie schon 2018 den ersten westfälischen Orgeltag als rein evangelisches Projekt initiiert. Die zweite Auflage hat sie nun auf höchster kirchlicher Ebene auf ökumenische Füße gestellt: Mit an Bord sind beim diesjährigen Orgeltag am 13. Juni auch die drei katholischen Bistümer Westfalens – Paderborn, Essen und Münster.

Rund 120 dezentrale Aktionen in ganz Westfalen

„Ich bin sehr glücklich, dass die Kirchenmusikreferenten der drei Bistümer alle mitmachen und ihre Basis für diesen Tag aktivieren.“ Ihr Mann, Kreiskantor Hanns-Peter Springer, spricht von einem bahnbrechenden Vorstoß, den es sonst in keinem Bereich gebe. „Das sind neue Wege aus der Musik, die nun auch von anderen beschritten werden können.“

Die Idee ist dabei die gleiche geblieben wie bei der Premiere von 2018. „Wir wollen die Orgel von der Empore holen und in den Mittelpunkt stellen“, sagt Ute Springer. „Wir wollen zeigen, dass die Orgel nicht nur für alte Musik da ist, sondern sehr lebendig sein kann und Relevanz für die Menschen von heute hat.“ Auch, weil die Orgel es natürlich zunehmend schwer hat. Klavier, Bands und Popmusik halten immer mehr Einzug in die Kirchen. Es gebe deutliche Einbrüche beim Orgelnachwuchs, sagt Ute Springer.

Auch das erfolgreiche Rezept von vor drei Jahren wird beibehalten. Damals – ein Jahr, nachdem die UNESCO die Orgelbaukunst zum Weltkulturerbe erklärt hatte – gab es in ganz Westfalen viele kleine und große dezentrale, konzertante und pädagogische Aktionen, die auf den Orgelschatz in den Gemeinden hinwiesen – auch in Iserlohn. So soll es auch am Sonntag, 13. Juni, sein, auch wenn Corona eine enorme Einschränkung ist und die Planung erschwert hat. Erst vor sechs Wochen fiel der Beschluss, dass der Orgeltag definitiv stattfinden soll. Daher ist immer noch vieles im Fluss, die Beteiligung ist aber erneut enorm groß: Rund 120 Veranstaltungen stehen bereits in ganz Westfalen fest.

 

In Iserlohn nimmt dem ökumenischen Gedanken folgend auch der katholische Kantor Tobias Leschke teil und lädt zusammen mit Hanns-Peter Springer zum Orgelspaziergang durch Iserlohn ein. Das Motto lautet: 5 Orgeln, 4 Kirchen, 3 Kantorinnen, 2 Konfessionen, 1 Gedanke – „Gott loben, das ist unser Amt!“

Das Angebot am 13. Juni in Iserlohn

12-14.20 Uhr : Sechs 20-minütige Orgelführungen für Einzelhaushalte (maximal vier Leute) in der Reformierten Kirche mit Hanns-Peter Springer.

15.30 Uhr: Orgel-Andacht in St. Aloysius mit Hanns-Peter Springer an der Feith-Orgel.

16.30 Uhr: Orgel-Andacht in der Obersten Stadtkirche mit Tobias Leschke an der Schuke-Orgel.

17.30 Uhr: Orgel-Andacht in der Bauernkirche mit Ute Springer an der Grenzing-Orgel.

Alle Veranstaltungen finden unter Corona-Regeln statt. Das Publikum ist begrenzt. Anmeldungen sind ab Samstag unter www.kantorei-iserlohn.de möglich


Wie war das noch mal – Freude?

1. Mai, 2021

Die musikalischen Andachten in der Aloysius-Kirche sind derzeit das einzige konzertante Format weit und breit – ein Geschenk für Musiker und Publikum in düsteren Zeiten

Sieht leer aus, war unter Corona-Bedingungen aber im Grunde voll. Mehr als 70 Gäste dürfen die Andachten in St. Aloysius derzeit nicht besuchen.

Ralf Tiemann

Iserlohn „Zuhören, runterkommen, vielleicht sogar Freude“ – es mischte sich eine gewisse Art von Ungläubigkeit in die Begrüßungsworte von Martin Niedzwiecki. Ungläubigkeit darüber, dass er sich als Musiker tatsächlich auf einer Bühne befindet, dass da ein Live-Publikum vor ihm sitzt, und dass man gemeinsam in dieser düsteren Zeit sogar so etwas wie Freude empfinden kann. Man ist in diesen Dingen ja wirklich ein wenig aus der Übung gekommen.

Die musikalischen Andachten in der Aloysius-Kirche, zu denen Iserlohns Kantor Tobias Leschke seit März regelmäßig einlädt, sind das einzige Format weit und breit, bei dem das derzeit unter strengen Hygiene-Auflagen, mit größten Abständen im Publikum und angereichert mit Gebeten und Gedanken zum jeweiligen Anlass möglich ist. Seit einem halben Jahr gibt es ansonsten nichts, was auch nur entfernt an ein Konzert erinnert.

Am Donnerstagabend zum Start in den Marienmonat Mai war nun das von Niedzwiecki geleitete Hemeraner Klarinetten-Quartett zu Gast und hatte Musik von „Beethoven und seinen Freunden“ im Programm. Musik aus der Wiener Klassik also, die dem frühlingshaften Anlass entsprechend Freude pur ausdrückte, leicht, elegant, beschwingt und voller Witz – quasi ein Klang gewordenes „Es geht bergauf“.

Genau auf ein solches „Es geht bergauf“ hofft nun auch Martin Niedzwiecki sehnlicher als auf sonst etwas. „Mir fehlt die Musik und mir fehlen die Auftritte“, sagt der ehemalige Leiter der Musikschule Hemer, der in besonderem Maße von der Pandemie ausgebremst wurde. Im August 2019 war er in den Ruhestand gegangen. Nach einigen Monaten des Selbstsortierens wollte er eigentlich im vergangenen Frühjahr als Musiker wieder richtig loslegen: Der Orchesterverein Hemer, zwei Männerchöre und natürlich die klassische Musik als Klarinettist vom Duo bis hin zu seinem Quartett. „Ich hatte so viel vor“, sagt Niedzwiecki, der keine musikalischen Schranken und Scheuklappen kennt, weswegen ihn die Schranken der Pandemie auch besonders hart getroffen haben. „Wer so gestrickt ist wie ich, will einfach nur spielen“, sagt er. Anfragen und Gelegenheiten hätte es eigentlich genug gegeben, keine davon konnte er wegen Corona umsetzen – kein einziger Auftritt seit einem Jahr.

Musikprogramm auf höchstem Niveau

Umso dankbarer waren er und seine Quartett-Partner Birgit Maiworm, Noriko Kirch und Klaus Leser nun darüber, dass Tobias Leschke diese Andachten mit Gebeten möglich macht. Natürlich wäre dieses Programm eigentlich ein Fall für das Pankratius-Forum gewesen. In der riesigen Kirche ist immer zu befürchten, dass sich die Klänge gerade in den schnellen Sätzen im hohen Gewölbe verhaken und überlagern. In der Tat ging im Vergleich zur kammermusikalischen Situation in einem kleinen Saal Einiges an Transparenz und Klarheit verloren – besonders auffällig sicherlich bei Beethovens berühmtem Kopfsatz der fünften Sinfonie (ta ta ta ta) mit den schnellen fugenartigen Einsätzen durch alle Stimmen. Aber selbst dieses Extrem-Stück hat großen Spaß gemacht. Was für die langsamen und eher lyrischen Sätze von Mozart, Haydn oder Karl Ditters von Dittersdorf erst recht galt.

Seit Februar ist es Berufsmusikern wieder gestattet, zu fünft und bei entsprechendem Abstand zu proben, was das Klarinetten-Quartett auch im großen Saal des Casinos am Sauerlandpark genutzt hat. Und dabei haben sich die vier Musiker natürlich gezielt auf diesen einmaligen Corona-Auftritt vorbereitet, was am Donnerstag auch hörbar war. Musikalisch einwandfrei, dynamisch bewegt und sehr sauber im Zusammenspiel bot das Quartett ein Programm auf höchstem Niveau.

Freude am Spielen und Freude am Genießen

Noch positiver fiel aber ins Gewicht, dass all das überhaupt möglich war. „Musizieren zu dürfen, ist wirklich ein Geschenk“, bemerkte Martin Niedzwiecki am Ende. Und Musik hören zu dürfen, ist auch ein Geschenk, was nicht nur der sehr gute Besuch, der die 70 erlaubten Plätze fast ausschöpfte, sondern auch der tosende Applaus am Ende bewies. Und da war sie dann auch unübersehbar wieder da, die Freude: Spielfreude bei Musikern, und Freude am Genießen beim Publikum – geht doch noch.

Am Sonntag, 23. Mai, geht es um 17 Uhr mit den musikalischen Andachten in der Aloysius-Kirche weiter. Die Organistin Franziska Classen aus Unna spielt dann unter dem Titel „Komm, heiliger Geist“ geistliche Musik zum Pfingstfest.

 


Noch ein Jahr ohne Chorkonzerte?

29. Januar, 2021
Die Kantoren der Stadt blicken skeptisch in die Zukunft. Wann wieder gesungen werden kann, weiß niemand, und auch Instrumentalkonzerte werden weiter verschoben.
 

Ralf Tiemann

Iserlohn Für Iserlohn war es eine große Errungenschaft, als das Kantorenehepaar Ute und Hanns-Peter Springer als Leiter des evangelischen Kantorats im Jahr 2010 zusammen mit dem damaligen Kantor im katholischen Pastoralverbund, Tobias Aehlig, das erste gemeinsame Jahresprogramm der Kirchenmusik vorgelegt haben – ein Vorreiterprojekt der Ökumene in Iserlohn und für die Kirchenmusik im ganzen Land, vor allem ein Quantensprung für das Musikleben der Stadt. Schließlich haben die Iserlohner Konzertgänger seitdem die kompletten Planungen ihrer aktivsten Musiker auf einen Blick.

Eigentlich hätten wir das Jahresprogramm 2021 schon längst in unserer Zeitung vorgestellt. Wenn es denn eins gäbe. Geplant wird aber auch in der Kirchenmusik, die das Musikleben in Iserlohn sonst so bestimmt, schon lange kaum noch etwas. „Der Chorbetrieb ist ja ohnehin der letzte, der wieder starten darf“, sagt der katholische Dekanatskantor Tobias Leschke – immer noch leicht erschüttert, dass ausgerechnet das Singen neuerdings so gefährlich ist. Eine Erschütterung, die auch Hanns-Peter Springer teilt. Wer einen Einblick in seine Erfahrungen des letzten Jahres gewinnen möchte, dem sei sein digitaler Neujahrsempfang auf dem Youtube-Kanal „Versöhnung Iserlohn“ empfohlen. Singen löst da das „Wingsuit-Fliegen“ als gefährlichstes Hobby ab.

Große Hoffnungen, in naher Zukunft wieder mit de Chören proben zu können, haben jedenfalls beide nicht. Vielleicht wieder ab Sommer? Das wäre schön, sagt Tobias Leschke. Und es wäre absolut notwendig, um das Mozart-Requiem, das im vergangenen November ausfallen musste, im kommenden November zu wiederholen. Leschke ist aber skeptisch, ob das klappt. Bis dahin gibt es virtuelle Angebote, Videos und mit seinem jungen Chor plant er eine Karnevalsfeier per Zoom – man schlägt sich halt so durch.

Immerhin hat er noch einige Instrumentalkonzert für das erste Halbjahr angesetzt (siehe Infokasten unten). Den Auftritt des Amadeus-Guitar-Duos, eigentlich für den Valentinstag am 14. Februar geplant, musste er aber schon wieder in den Mai verschieben.

Die ewige Verschieberei hat Hanns-Peter Springer schließlich dahin gebracht, gar nichts mehr aktiv zu planen – auch keine kleinen Instrumentalkonzerte ohne chorische Aerosol-Gefahr. Im Juni gebe es einen landeskirchlichen Orgeltag, da werde er sich beteiligen. Aber sonst gibt es keinerlei Termine. „Wir haben letztes Jahr zweimal gesessen und alles verschoben“, sagt er. Und das erzeuge keine gute Stimmung und keinen positiven Geist.

„Ich möchte weg vom Hangeln und Vertrösten“, sagt er. Stattdessen möchte er mit seiner Frau lieber positive Signale senden. Beide sind mit Video-Angeboten und virtuellen Chorprojekten sehr aktiv. Da gebe es durch Corona plötzlich sehr viel Knowhow. Es sei bemerkenswert, wie viele Menschen sich da aktiv einbringen und wie viele starke Beiträge allein zu Weihnachten so kurzfristig produziert worden seien. Eine Mobilisierung und Emanzipierung der Gemeinden, die Springer als sehr spannend empfindet, und die auch für die Nach-Corona-Zeit sehr wertvoll sein könne.

Den Kopf für das Positive frei bekommen

Von der Hoffnung auf einen baldigen Neustart für seine Chöre lässt er sich momentan aber nicht mehr antreiben. Eine Wiederholung des im November ausgefallen „Messiahs“ im kommenden Herbst sieht auch er skeptisch. Lieber entspannt er sich und macht den Kopf frei für andere Projekte. Nicht nur per Video. „Ich bin dazu übergegangen, Briefe zu schreiben, und gehe mit einzelnen Chormitgliedern spazieren. Das ist wertvoller als die negative Energie des Absagens.“