Konzertorganistin mit Iserlohner Vergangenheit
29. September, 201543 Jahre nach ihrem Aufenthalt am Goethe-Institut konzertiert die Amerikanerin Christa Rakich in der Aloysius-Kirche.
Germanophil nennt man es, wenn man aus Gründen, die man vermutlich gar nicht so genau benennen kann, einen Hang zu allem hat, was deutsch ist. In Deutschland gibt es zum Beispiel frankophile Menschen, die sich unbändig zur französischen Lebensart hingezogen fühlen. Im Ausland soll es aber auch nicht zu knapp Menschen mit Affinität zu Deutschland geben, und Christa Rakich gehört dazu. Warum, weiß sie auch nicht. Die Amerikanerin ist Amerikanerin durch und durch, sie hat Wurzeln überall in Europa, in Frankreich, Irland und natürlich – wie ihr Name schon vermuten lässt – auch auf dem Balkan in Montenegro, aber nicht in Deutschland. „Und trotzdem wollte sie von klein auf, schon mit fünf Jahren unbedingt Deutsch lernen.“ Dieser Wunsch führte sie 1972 zum Goethe-Institut in Iserlohn. Nun, nach 43 Jahren ist sie wieder in Iserlohn. Dieses Mal nicht als Studentin, sondern als eine der bedeutendsten amerikanischen Konzert-Organistinnen, die am kommenden Samstag, 3. Oktober, um 19.30 Uhr ein Konzert in der Obersten Stadtkirche gibt.
Goethe-Institut-Studenten landeten in der Kantorei
19 Jahre war die in Connecticut geborene Christa Rakich damals alt. Sie studierte Orgel und Deutsch in Oberlin/Ohio, und im zweiten Semester bot sich die Möglichkeit, im Goethe-Institut die Deutsch-Kenntnisse wirklich zu vertiefen. Und als angehende Organistin brauchte sie natürlich dringend Übe-Möglichkeiten an einer Orgel, was sie unweigerlich zu dem damaligen Kantor Gotthard Gerber führte. „Was für mich ein Glück war“, wie Gotthard Gerber mit Blick auf das Goethe-Institut sagt. Damals seien viele junge Musiker aus aller Welt, vor allem auch Kirchenmusiker aus den USA nach Iserlohn gekommen. „Und die sind alle bei mir in der Kantorei gelandet“, erinnert er sich.
Vor allem kann er sich noch gut an Christa Rakich erinnern, die ihn und die Kantorei damals sogar bei einer Konzertreise nach Frankreich begleitet hat. Und umgekehrt hat auch bei der Amerikanerin der Iserlohn-Aufenthalt einen bleibenden Eindruck hinterlassen. „Wir haben damals die Musikalischen Exequien von Schütz gesungen“, weiß sie noch genau, wie dieses bedeutende Werk in Iserlohn kennen gelernt hat. Und geschadet hat ihr die Zeit in der Kantorei offensichtlich auch nicht, denn es ging bei ihr sehr steil nach oben. Über ein Fulbright-Stipendium kam sie zu dem großen Orgelmeister Anton Heiler in Wien, erreichte später ihren Master-Titel in Boston und blieb auch direkt dort, um eine Professur zu übernehmen. Gleichzeitig machte sie eine exzellente Karriere als Virtuosin, vor allem in den USA, aber auch in Europa. Sie ist mehrfache Preisträgerin bedeutender Orgel-Wettbewerbe und hat sich vor allem auch durch ihre CD-Aufnahmen einen Namen gemacht. Musiker, die öfter in den USA zu tun haben, so Gotthard Gerber, werden bei dem Namen Christa Rakich sofort hellhörig.
Heute hat sie eine Orgel-Stelle in ihrer Heimat in Connecticut, von wo aus sie nach wie vor zu Konzertreisen auf der ganzen Welt aufbricht. So auch im vergangenen Jahr nach Berlin in die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, wo kurz darauf auch Gotthard Gerber konzertierte und zufällig in einem Programmheft über den Namen Christa Rakich stolperte. Es klingelte bei ihm und er nahm über E-Mail nach 40 Jahren den Kontakt zu der Organistin wieder auf, bei der es dann ebenfalls klingelte. Und wie der Zufall es so will, ist sie derzeit für knapp drei Wochen in Deutschland, wo sie neben Auftritten in Holland, dem Elsass und in Ingelheim nun auch in Iserlohn auftritt.
Breitgefächertes Programmbeim Konzert am Samstag
Die Freude über das Engagement der Ausnahme-Virtuosin ist hier nicht nur bei Gotthard Gerber riesengroß, sondern auch bei Kantor Christopher Brauckmann, zumal die große Feith-Orgel derzeit zum ersten Mal seit rund fünf Jahren generalüberholt und grundlegend durchgestimmt wird, so dass das Instrument am Samstag voll auf der Höhe sein wird. Was für Christa Rakich ohnehin zutrifft. Eigens für das Konzert in der Aloysius-Kirche hat sie ein ausgesprochen internationales und abwechslungsreiches Programm zusammengestellt mit Werken, denen der enorme Nachhall in der riesigen Kirche entgegen kommt. Das Repertoire reicht von deutschem Barock mit Bach und Bruhns über französische Romantik mit Widor bis zur amerikanischen Moderne mit zum Teil neutönerischen zum Teil jazzigen Anstrich. Darunter auch eine Eigenkomposition von Christa Rakich – ein Variationen-Werk natürlich über Themen eines deutschen Barockmeisters, Pachelbel. Als Kirchenmusikerin ist es ziemlich leicht, der germanophilen Neigung nachzugehen.
Ralf Tiemann
Quelle: http://www.derwesten.de/ikz/staedte/iserlohn/konzertorganistin-mit-iserlohner-vergangenheit-id11140014.html