Vivaldis “Magnificat” als Höhepunkt

29. Dezember, 2021
In der St.-Aloysius-Kirche erlebten die Besucherinnen und Besucher ein besonderes Weihnachts-Fest-Konzert

In der St.-Aloysius-Kirche erlebten die Besucherinnen und Besucher ein besonderes Weihnachts-Fest-Konzert

Foto: Dennis Echtermann

Iserlohn.  In der Iserlohner Aloysiuskirche gab es ein besonderes Festkonzert.

Gerade am Fest des Friedens, an Weihnachten, sollten Unstimmigkeiten einmal beiseite gelegt werden. Und so ist es müßig, darüber zu streiten, ob man derzeit angesichts der pandemischen Entwicklung ein Weihnachtskonzert in „Präsenz“, also vor Ort, aufführen sollte, und dazu noch ein Konzert unter Beteiligung eines Chores. Lassen wir es also dabei: Die Verantwortlichen haben am 2. Weihnachtstag beim festlichen Konzert in der Aloysiuskirche alles getan, um mögliche Gefahren abzuwenden und dafür vielen Menschen ein Erlebnis für die Seele geboten. Konzentrieren wir uns auf die Musik.

Dekanatskirchenmusiker Tobias Leschke hatte mit seinem Kammerchor ein weihnachtliches Programm unter Mitwirkung des Ensembles „Ghiribizzo“ und eines Gesangsquartetts zusammengestellt, das immer wieder die Freude über die Geburt Jesu und die damit verbundene Hoffnung und Zuversicht für die Menschheit thematisierte. So dienten zwei eingestreute Weihnachtslieder des zeitgenössischen englischen Komponisten John Rutter als musikalisch gefühlvolle und weihnachtlich angemessen „wohlklingende“ Einstimmung durch das Gesangsquartett (Merle Bader, So­pran; Anna Kristina Naechster, Sopran/Alt; Leonhard Reso, Tenor; Rafael Bruck, Bass/Bariton), die geschlossen im Zusammenklang und stimmlich fein abgestimmt, überzeugen konnten.

 

Geschlossener Gesamtklang

Unter anderem mit den chorischen und solistischen Einwürfen „O freudenvolle Zeit“ und „… nun ist groß‘ Fried ohn‘ Unterlass, all Fehd‘ hat nun eine Ende“ bringt Georg Philipp Telemann in seiner Weihnachtskantate „Allein Gott in der Höh‘ sei Ehr“ nicht nur die Freude über Jesu Geburt, sondern auch die Zuversicht über eine Versöhnung mit Gott zum Ausdruck und rückt die Interpretation der Weihnachtsgeschichte als Heilsbotschaft ins Zentrum. Der Kammerchor des Pastoralverbundes führte mit einem geschlossenen Gesamtklang bei klarer Konturierung der Einzelstimmen die einrahmenden Choräle aus, während Bariton Rafael Bruck in dieser Kantate viel Raum gegeben wurde, in den Arien und Rezitativen seine trotz des verlangten großen Ambitus immer ausdrucksstarken und fundierten stimmlichen Fähigkeiten unter Beweis zu stellen. Das Streichensemble „Ghiribizzo“ einschließlich des Orgelpositivs begleitete in ausgewogener akustischer Abstimmung äußerst zuverlässig und solide.

Das „Magnificat“, der „Lobgesang Marias“, ist als eines der drei Cantica des Lukas-Evangeliums nicht nur in der katholischen Liturgie fest verankert. Auch der evangelische Theologe Dietrich Bonhoeffer bezeichnete es als das „leidenschaftlichste, wildeste, ja man möchte fast sagen revolutionärste Adventslied, das je gesungen worden ist“. Wegen seiner Bedeutung und intensiven Aussagekraft wurde das „Magnificat“ in der Musikgeschichte oft vertont. An diesem Abend erklang die Version des italienischen Barock-Komponisten Antonio Vivaldi – und diese geriet zum eindeutigen Höhepunkt des Konzerts. Entsprechend der textlichen Vorlage, die dankenswerterweise dem Publikum in einem Programmheft auch in deutscher Übersetzung zur Verfügung gestellt wurde, entwickelte Vivaldi ausgehend vom verhaltenen „Adagio“ des ersten Satzes in g-Moll über mehrere solistische Partien und den mit sehr unterschiedlichen musikalischen Mitteln gestalteten Chorsätzen eine Dramatik, die sich letztendlich im befreienden „Gloria Patri“ entlädt und versöhnlich im „Amen“ ausklingt. Der Chor hatte beachtliche Passagen mit imitierenden Einsätzen, chromatischen Linien, homophonen Strukturen, schnellen Läufen im Unisono bis hin zur Doppelfuge am Schluss zu meistern – und erledigte dies alles einwandfrei! Das abschließende, gemeinsam gesungene „O du fröhliche“ fasste die Emotionalität dieses besonderen Moments noch einmal zusammen und ging allen Beteiligten besonders unter die Haut.

 

Sozialer Kitt, der gerade jetztdringend benötigt wird

Musik hat unter anderem die Aufgabe, Menschen zusammenzuführen, zu trösten, aber auch Hoffnung zu verbreiten – Musik ist eben auch ein sozialer Kitt, der gerade in Krisenzeiten dringend benötigt wird und sowohl emotionale Bindungen zwischen den Menschen aufbaut als auch dem Individuum innere Kraft verleiht. All diese Aufgaben, und musikalisch natürlich noch viel mehr, hat dieses Weihnachtskonzert, trotz möglicher Bedenken und der aktuellen Diskussion bezüglich der pandemischen Gefahren, vortrefflich erfüllt.